Lasst euch nicht von diesem Foto täuschen: Die PREMIUM ist beileibe nicht so klein wie es womöglich aussehen mag. Gerade erst hat sich die Premium die SEEK Berlin einverleibt und bildet zusätzlich mit der Bright Trade Show das neue Triumvirat für contemporary urban menswear. Kein Wunder, dass einem dann auch Joko über den Weg läuft (aber dies nur am Rande). Mich führte es in den großen Hallen der Station Berlin zu vier grünen Labels. Die eigentlich gute Idee, die ausstellenden Brands in einer Halle und unter einem grünen Würfel zu gruppieren, wurde allerdings konterkariert – denn alleine für dieses Review fand ich zwei Labels in anderen Hallen und hätte mich, wenn ich auch noch Taschenfan wäre, noch in eine weitere Halle begeben dürfen. Ein eigentlich guter Ansatz wurde so leider nicht ganz bis zum Ende gedacht – zumindest aus meiner Sicht. Doch genug der Kritik an dieser Stelle, jetzt geht es los mit meinem letzten Review aus der #72hMode-Reihe.
Mit Anna von Get Changed sah ich mir den Stand von Armed Angels an, die in den zurückliegenden Monaten vor allem mit ihrer Werbekampagne sowie einem tollen neuen Lookbook für Frühjahr/Sommer 2016 punkten konnten. Zu meiner Überraschung zeigte sich das Label zusätzlich noch auf der Ethical Fashion Show. Grund hierfür seien nicht die besseren Order-Möglichkeiten auf zwei Messen, sondern eher der Wunsch von Armed Angels, als „Vorreiter der Grünen Mode Bewegung“ eben auch auf der Ethical vertreten zu sein. Etwas weniger dick trug das Label in der mitgebrachten Kollektion auf. Ähnlich wie Nudie auf der SEEK Berlin legt das Label in der Tiefe des Sortiments deutlich zu und wird immer mehr zu der Alternative für konventionell produzierte Bekleidung mit modischem Anspruch. Die Neuzugänge wurden vornehmlich in Pastelltönen gehalten und mit Tencel hergestellt. Meine Favorit waren eine exakt richtig geschnittene kurze Hose in grau aus Baumwolle sowie eine tiefschwarze College-Jacke aus Tencel. Zu meiner Freunde wurde der obligatorische Engel nur noch auf wenigen Produkten als Wiedererkennungsmerkmal so prominent wie in der Vergangenheit platziert. Man merkt dem Label an, dass es wächst und auch weiter wachsen will – nicht zum Nachteil für viele Konsumenten, die in Armed Angels eine etablierte Grüne Alternative mehr zur Auswahl haben.
Danach führte mich mein Weg durch die weiten Hallen der Station Berlin zu dem bereits angesprochenen Grünen Würfel. Dort traf ich mich mit Lisa und Sarah von Noble Project. Das selbst ernannte Charity Projekt ist dem Status „Projekt“ definitiv entwachsen und präsentiert sich auf der Premium als eigenständiges T-Shirt-Label. Für jede Kollektion (2 pro Saison) arbeitet das Label mit neuen internationalen Designerinnen und Designern zusammen, die ein Artwork für ein T-Shirt entwerfen oder freigeben. Ein Teil des Erlöses von Noble Project fließt in unterstützenswerte Projekte. Seit neuestem ist auch Viva von Agua mit an Bord. Absolut gelungen ist die Kollaboration mit Illustrator David Despau, der ein wunderbares Pärchen auf das Shirts gebannt hat. Mein Favorit – und auch der Favorit vieler Besucher am Stand von Noble Project. Dazu gesellen sich noch eigene Prints und Schnitte, die durch Longsleeves und Sweater ergänzt und auch durch eine Jogginghose erweitert werden soll. Ich bin sehr gespannt, welche Designer wir in Zukunft bei Noble Project noch sehen werden. Eigentlich sollte es zum guten Ton gehören, sich dem Projekt und einer absolut guten Sache, die auch noch klasse aussieht, anzuschließen – oder etwa nicht?
Schräg gegenüber saßen die Jungs und Mädels von Wunderwerk vom Niederrhein, die in den zurückliegenden Jahren eine rasante Entwicklung hingelegt haben. Schwerpunkt beim Label von Tim und Heiko bleiben die Denims, die stetig weiterentwickelt werden und jetzt eben auch mit einem handgemachten Used Look die Händler begeistern. Doch Wunderwerk geht es um mehr. Nicht nur „so muss ein Arsch in einer Hose aussehen“, sondern eben auch „so muss ein Pullover an einem Mann und eine Bluse an einer Frau aussehen“. Und dafür lassen Tim und Heiko mit ihrem Team nichts unversucht. Die Damen erwartet im Frühjahr/Sommer 2016 deutsche Spitze in einer außerordentlich aufwendigen Verarbeitung sowie ein Trenchcoat aus Tencel. Die Herren dürfen sich neben Oberteilen aus Modal vor allem auf den Pullover der „Made in Japan“-Reihe freuen, für dessen Material in Japan vor Ort recherchiert wurde. Aufwendig, aber das Ergebnis zählt. Nicht nur an der Auswahl der mitgebrachten Stücke aus der Kollektion, sondern vor allem in den persönlichen Gesprächen spürt man förmlich den Tatendrang und die Leidenschaft, mit der Tim und Heiko ihr Label vorantreiben. Sehr beeindruckend! Ich freue mich schon riesig auf die nächsten modischen Entdeckungen bei Wunderwerk.
Nicht unter dem Grünen Würfel, aber dennoch ein Modelabel mit nachhaltiger Produktion und GOTS-zertifizierten Stoffen ist Colfair, die ich auf dem Weg aus der Halle noch entdeckt habe. Vor allem haben mich natürlich die großen Prints auf den weißen Shirts neugierig gemacht. Das Label aus Warschau schafft es, mit einem insgesamt wohl 12-stufigen Druckverfahren diese Vielschichtigkeit in den Prints auf die Bio-Baumwolle zu bringen und gleichzeitig mit knalligen Farben oder einzelnen Farbakzenten zu arbeiten. Not bad, dieser Eco Soft Print. Das Garn für die Shirts stammt übrigens aus der Türkei, die Verarbeitung geschieht in Warschau. Eine erste kleine Auswahl mit Motiven, die sich sehr stark an alte russische Illustrationen und Gemälden orientieren, gibt es bereits online zu erstehen. Und alleine schon die rote Zunge des Pferdes sollte es wert sein, sich das Label noch einmal genauer anzusehen.
Das war der dritte und letzte Teil meines #72hMode-Reviews über die SEEK Berlin, die Ethical Fashion Show Berlin und den Green Showroom sowie der PREMIUM. Morgen plaudere ich dann noch etwas über die INNATEX-Lounge, einem wunderbaren Get together direkt an der Spree …