Wer die letzten Wochen aufmerksam meine verschiedenen Kommunikationskanäle verfolgt hat, hat bereits mitbekommen, dass ich vor etwa zwei Wochen mit einigen Kolleginnen und Kollegen der schreibenden Zunft in Amsterdam war. Auf Einladung von ECOVER konnten wir nicht nur einen ersten Blick auf die diesjährige Ocean Plastic Bottle werfen, sondern schipperten mit Marius von Plastic Whale durch die Grachten Amsterdams – und befreiten die Kanäle von Plastikmüll.
Nach dem ersten Treffen am Morgen fuhren wir mit den Leihrädern des Conscious Hotel Amsterdam vom Vondelpark zum Het Grachtenhuis. Das Museum der Grachten liegt am kürzesten Stück des Amsterdamer Kanalsystems und beherbergt in hohen Altbauräumen verschiedene multimediale Ausstellungsgegenstände. New museum in old rooms. Dort begann der erste Teil unserer Presserunde.
Von Tom Domen, dem Science Friction Soaper von ECOVER, bekamen wir zunächst eine Einführung in die verschiedenen Aktivitäten des Wasch-, Putz- und Reinigungsmittelherstellers, mit den eigenen Verpackungen weniger Müll entstehen zu lassen. Denn Fakt ist leider: Aktuell und auch in naher Zukunft werden die Waschmittel, die ich auch selbst verwende, weiterhin in Plastikflaschen verkauft werden. We want to be part of the solution, not of the problem, meint dazu Tom. Neben einem Refill-System für bereits gekaufte Flaschen (Testphase läuft im Moment u.a. in Hamburg) arbeitet das Unternehmen intensiv an seinen Verpackungen. Eine Möglichkeit ist, den Anteil von recyceltem Plastik in den Flaschen zu erhöhen. Gar nicht so einfach, da für die Herstellung der Verpackungen nicht jegliche Art von Plastik verwendet werden kann und dabei nicht nur die Designrichtlinien des Unternehmens beachtet werden müssen, sondern auch Regularien des Verbraucherschutzes.
Für die Sonderedition mit einer Auflage von 15.000 Flaschen wurde im letzten Jahr Plastik aus den Weltmeeren wiederverwertet, das von Fischern bei ihren Fahrten eingesammelt wurde. In diesem Jahr gibt es erneut eine Sonderedition, deren Flasche aus Plastik aus den Grachten Amsterdams hergestellt wurde. Auflage: 70.000 Flaschen für das Handspülmittel. Eine spannende Idee, die zeigt, wie wertvoll der Müll in den Meeren sein kann. Eine Idee, die aber auch zeigt, dass für eine immer noch geringe Anzahl an Flaschen lange gesammelt werden muss und dabei noch nicht einmal alles Gesammelte schlußendlich verwendet werden kann. Denn Plastik ist nicht gleich Plastik. Vielleicht auch deswegen denkt Tom schon einige Schritte weiter. Verpackungen aus einem pflanzlichen Schaum oder auch biologisch abbaubares Plastik könnten die Zukunft gehören.
Im Anschluss erzählte uns Marius Smit von seiner NGO Plastic Whale und dem, was uns heute noch bevorstehen sollte. Why on earth do you want to become a plastich fishermen, fragte ihn seine Frau einmal, als klar war, das Marius seine Idee in die Tat umsetzen wird. Und diese lautete, seine Heimatstadt von dem vielen Plastik in den Grachten zu befreien. Nur wie, ohne Boot und Finanzierung? Es klappte, dank vielen Helfern und viel Marketing-Geschick von Marius. So enstanden bis heute insgesamt 3 Boote, die aus dem gesammelten PET-Abfall aus den Kanälen gebaut wurden. Die Begeisterung der Amsterdamer für diese Art des Müllsammelns ist ungebrochen hoch. Und vor allem Unternehmen buchen Marius für Mitarbeiterevents, um dann gemeinsam mit der Belegschaft einen Kescher in die Hand zu nehmen und nach Plastik zu fischen.
Eine geniale Idee von Marius, die vor allem auf das Problem an sich aufmerksam macht. Denn auch hier gilt: Die Menge an gefischtem Plastikmüll ist immer noch marginal gegenüber dem täglich entstehenden Müll. Der Großteil dieser Menge wird zudem verfeuert, da eben nur PET für die Wiederverwertung geeignet ist. Neben den 3 Booten, die nicht nur aus Plastik, sondern auch aus Holz und Glasfaser gebaut wurden, plant Marius auch eine kleine, feine Edition von Plastik-Skateboards. Doch bevor Marius mit Plastic Whale in ein anderes Segment wechselt, hegt er die Träume, mit seinen Booten auch der Spree, den Kanälen von Venedig oder der Themse einen Besuch abzustatten.
Danach ging es für uns dann ab auf die Boote. Mit Marius am Steuer sowie Franzi (unsere Fotografin und selbst Bloggerin für „Wo geht’s zum Gemüseregal?„), Hannah (von „Projekt: Gesund leben„) und Steffi („Donna„) durchkreuzten wir ausgehend vom Het Grachtenhuis die Kanäle Amsterdams. Mit Handschuhen und Kescher ausgerüstet suchten wir die Wasseroberfläche nach Plastikmüll ab und ließen uns von Marius in die richtigen Ecken dirigieren. Große Plastikplanen waren besonders schwer zu fischen, da sie sich automatisch mit Wasser füllten. Glasflaschen bogen unser Netz durch, während wir uns vor allem über noch ungeöffnete Bierdosen wunderten. Auf der Jagd nach dem ungewöhnlichsten gefischten Gegenstand gerieten wir mit dem zweiten Boot, bestehend aus Fabian (u.a. Frankfurter Rundschau), Matthias („Enough Magazine„), Peter („WiWo Green„) und meiner Neuköllner Kollegin Anna (checkt mal „Green Friday„, bitte), immer wieder freundschaftlich aneinander. Den skurrilsten Gegenstand fischte unser zweites Boot aus dem Wasser: Das Foto eines glücklichen Brautpaares mit einer Portraitaufnahme der Braut auf der Rückseite. Schön einlameniert mit Plastik.
90 Minuten waren wir insgesamt auf den Kanälen unterwegs und sammelten dabei 6 große Plastiksäcke voller Müll. Für uns ein kleiner Erfolg und dennoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Problematik des Mülls wird in Amsterdam nicht verschwinden. Dafür gibt es zu wenige Mülleimer, zu viele verkaufte Plastiktüten und ein zu geringes Umweltbewusstsein bei dem Gros der Menschen, die in dieser Stadt leben oder sie besuchen. Die Arbeit von Marius vor Ort bleibt eine Sisyphos-Aufgabe. Umso wichtiger ist das Engagement von Unternehmen wie ECOVER, sich wirklich Gedanken über den eigenen Environmental Impact zu machen und zu handeln – für die Menschen und die Umwelt.
Nach dem Fischen kamen wir noch einmal im Het Grachtenhuis zusammen, bevor sich alle in verschiedenen Richtungen aufmachten. Marius zurück an die Arbeit im Plastic Whale Büro, Franzi und Anna zurück nach Deutschland und die ECOVER Crew zurück ins Conscious Hotel. Nach einem letzten gemeinsamen Kaffee verabschiedete ich mich dann auch von Fabian und Peter und machte mich auf den Weg ins Atelier von Studio Jux – meinen liebsten Designern aus den Niederlanden. Mehr über diesen Besuch gibt es morgen zu lesen!
Text: Alf-Tobias Zahn
Fotos: Franzi Schädel sowie Alf-Tobias Zahn (nur Studio Jux)