Während der diesjährigen Fashion Revolution Week weile ich an der Nordsee und mache Urlaub. Meine Ratgeber-Kollegin Kirsten Brodde ist auf der Conférence „Rethink your clothes“ in Luxemburg und viele viele Blogger-Kolleginnen (und -Kollegen) machen in diesen Tagen viel Lärm auf Instagram unter dem Hashtag #fashrev bzw. #whomademyclothes. Einige von ihnen gehen auch in Berlin, Hamburg und anderswo auf die Straße, um sich für bessere Bedingungen in der Modeindustrie auszusprechen. Doch wie lange brauchen wir diese Fashion Revolution, die in ihr 6. Jahr geht, eigentlich noch?
Für was steht die Fashion Revolution überhaupt? Die Tragödie von Rana Plaza 2013
Alles dreht sich für uns Slow Fashion Enthusiasten und Unterstützer um „Rana Plaza“ – das Schandmal der modernen Modeindustrie, der Fast Fashion Industrie. Beim Einsturz der Textilfabrik in der Hauptstadt Dhaka starben am 24. April 2013 über 1.100 Menschen in Bangladesch, weitere Tausende wurden verletzt. Die Fashion Revolution Week gedenkt den Opfern dieses Unglücks, erinnert aber auch daran, dass die Mehrheit der Menschen, die unsere Kleidung produzieren, nach wie vor in Armut lebt. Die Fashion Revolution Bewegung hat das Ziel, das zu ändern und fordert mehr Transparenz in der Herstellung unserer Klamotten sowie eine gerechtere Verteilung in der Modeindustrie.
Es fühlt sich gut an, Teil einer Bewegung zu sein. Doch das darf nicht alles sein!
Immer wieder bin ich davon fasziniert, was unsere Green Fashion Szene auf die Beine stellt. Ob Veranstaltungen vor Ort in zahlreiche Städten Deutschlands, viele Statements in den Sozialen Netzwerken, leidenschaftliche Diskussionen über halbherzig gemeinte Kooperationen mit Modegiganten (lieben Gruß an dieser Stelle an Lena und Sara) oder Selfies mit verkehrt herum getragenen Kleidungsstücken verbunden mit der Frage „Who made my clothes?“ – es passiert auch 6 Jahre nach Rana Plaza viel rund um diese Fashion Revolution. Es fühlt sich gut an, Teil dieser Bewegung zu sein, denn: Sie will Gutes bewirken.
- Wir wollen es schaffen, der Fast Fashion den Spiegel vorzuhalten und den Konsumentinnen und Konsumenten vorzuführen, was sie alles mit einkaufen, wenn sie bei h&m, Zara, Primark und Co. einkaufen.
- Wir wollen es schaffen, die Alternativen zu Fast Fashion sichtbarer zu machen – ob nun neue Slow Fashion, Secondhand, Vintage oder Upcycling.
- Wir wollen, dass die Mode zum Standard wird, die Mensch und Umwelt achtet und dabei auch noch stylisch ist und zu dem individuellen Geschmack und Lebensgefühl passt.
Wie lange müssen wir noch kämpfen? Wann endet die Fashion Revolution mit einem Erfolg?
Auf der GreenstyleMUC Anfang April meinte Thimo Schwenzfeier, seines Zeichens für die Messe Frankfurt für die NEONYT verantwortlich, dass er davon ausgeht, die Fast Fashion bis 2030 in die Knie gezwungen zu haben. 2030 soll also Slow Fashion und seine Alternativen der Standard, die Fast Fashion gänzlich (und zu Recht) geächtet worden sein. Eine Utopie, so die einhellige Meinung der meisten Zuhörerinnen und Zuhörer, die raunten. Ich raunte mit. Thimo kennt diese Reaktion bereits, tätigt diese Aussage aber nicht der Sensation oder Diskussion wegen. Es geht ihm um ein Ziel, eine Marke, die wir erreichen wollen. So wie die NEONYT die größte Messe für Mode mit den besten inneren Werten werden soll, so muss auch Slow Fashion den Massenmarkt erreichen, um wirklich eine Konkurrenz sein zu können. Schaffen wir das in den nächsten 11 Jahren? Haben wir überhaupt noch so viel Zeit? Müssten wir uns nicht ambitioniertere Ziele setzen?
Lasst es euch gesagt sein: Weniger ist das neue Schwarz!
Eines muss uns bewusst sein: Wenn wir wie bisher konsumieren, fahren wir unsere Umwelt nicht nur gegen die Wand, sondern stoßen mit Vollgas durch diese Wand. Es gibt keine Alternative zu einem „Weniger“ in Sachen Konsum. Geht das mit unserer aktuellen Gesellschaftsform? Geht das mit Unternehmen, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nur dann bewusst sind, wenn sie mit Arbeitsplatzverlusten drohen? Geht das mit einer Regierung, die sich nichts sehnlicher wünscht, als endlich nicht mehr zusammen regieren zu müssen? Klare Antwort: Ja, es muss gehen. Wir haben – noch einmal – keine Alternative dazu!
Ich wünsche mir demnach, dass wir
- viel bewusster konsumieren,
- viel weniger einkaufen,
- vieles länger benutzen,
- viel häufiger Dinge reparieren,
- viel mehr untereinander tauschen oder verleihen,
- viel mehr auf unser eigenes Wohlbefinden achten und
- viel häufiger zu Entwicklung „Nein“ sagen, wenn sie nicht gut für uns sind.
Auch wenn es die Modeindustrie nicht gerne hören wird: Es ist Zeit für #byebyefastfashion!
Die Modeindustrie steht wie viele andere Industrien vor großen Veränderungen. Auch in ihr sind Stimmen zu hören, die vor wenigen Jahren noch in der Automobilindustrie und bei Öl-Multis zu hören waren: Ohne dies geht es nicht, die Konsumenten wollten doch aber dies und das. Doch es wird anders kommen, seid euch sicher. Lasst euch nicht mehr durch gut gemachte Werbung und schlecht gedachte Kooperationen blenden. Geht für das Gute auf die Straße und denkt nicht nur eure Meinung, sondern äußert sie auch. Es ist Zeit für #byebyefastfashion!