In unserer Berlin-Reihe sind René und ich bereits letztes Jahr wieder in den Westen Berlins eingetaucht. Damals ging es über unsere viel geliebte Kantstraße mit dem Good Friends hinaus bis ans Westkreuz und dem ICC. Wir turnten zwischen sechsspuriger Autobahn, Kleingärten und Fahnenmasten, die in der Zwischenzeit schon nicht mehr stehen, herum. Nach dem Sichten des Materials dachten wir, dass uns noch ein weiterer Bestandteil für die Reportage in dieser Ecke fehlen würde. Vor wenigen Wochen machten wir uns auf zur Avus, in unmittelbarer Nähe zum ICC. Es war ein wunderbarer Nachmittag, der uns zu einem gänzlich anderen Ziel führte: die Avus Reportage muss für sich stehen, ganz klar. Deswegen gibt es heute dann doch unsere Reportage über das Westkreuz und das ICC mit den ursprünglichen Fotos in neuer Zusammenstellung.
Es gibt Orte in Berlin, die stehen sinnbildlich für den täglichen Irrsinn dieser Stadt. Wie schon der Ausbau der A100 in unserer Neukölln-Reportage steht das Westkreuz für die Potenz des Autos in Berlin. Viel Beton, viel Blech, viel Benzin und Diesel prägen das Stadtbild im Westend. Kaum zu glauben, dass es inmitten dieses städtebaulichen Wahnsinns eine Oase der Ruhe gibt: eine Kleingartenanlage, die immer wieder einmal von der Schließung betroffen war, die aber immer noch besteht und durch eine kleine und fast schon unaufällige Tür in einen anderen Kosmos führt.
Streift man durch diese Anlage, findet man schöne kleine Parzellen, die mit viel Liebe gepflegt werden. Überraschend ist, dass es trotz der Einrahmung von S-Bahn-Trasse, Westkreuz-Umsteigebahnhof und Stadtautobahn hier Momente der Ruhe gibt. Im angrenzenden Waldstück gibt es dann noch verlassene Gebäude, die sich jemand mit wenigen Mitteln zu einem Zuhause umgebaut hat. Auch das ist Berlin.
In Sichtweite steht das ICC Internationales Congress Centrum Berlin seit nunmehr 10 Jahre leer. Immer wieder vom Abriß bedroht (inkl. Einsprüchen der Architekten Ursulina Schüler-Witte und Ralf Schüler), dachte die Stadt auch darüber nach, das ICC mit seinen 28.000 m² doch wieder auf Vordermann bringen zu lassen. Schließlich stehen 80 Säle und Räume mit einer Gesamtkapazität von 20.300 Plätzen zur Verfügung, mit bester Anbindung an den ÖPNV und, natürlich, den Nah- und Fernverkehr auf der Straße. Daraus wurde bekanntlich nichts. Das ICC bleibt eine lebendes Beispiel für Berlins Umgang mit Stadtgeschichte – kein Plan, kein Geld, außer es geht um das Auto. Aktuell ist das Gebäude nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich, die letzte Führung durch die Innenräume fand 2023 statt.
Outfit:
- Cap: Human Made (own, Vinted)
- Shirt & Denim: ARMEDANGELS (own)
- Socken: kreuzueber (own)
- Sneaker: EKN FOOTWEAR (own)