Sneaker aus Gras!

Lasst uns heute über Innovation sprechen. Materialinnovation. Bei Slow Fashion und speziell bei Sneakern. Lasst uns deswegen heute wieder einmal über Sebastian Thies reden – und mit ihm. Bereits 2017 habe ich euch Sebastian und sein Label nat-2‎‎‎™ vorgestellt. In den zurückliegenden drei Jahren ist viel passiert. Nicht nur gab es in dieser Zeit einen Aufwärtstrend im Slow Fashion Bereich (wenn auch nur eine zarte Knopse, die sich langsam öffnete), sondern auch die seit März 2020 andauernde Corona Pandemie mit all seinen Umwälzungen. Die Folgen aus letzterer sind deutlich in der Modeindudstrie zu sehen: Stornierungen von Bestellungen in Milliarden Höhe an wichtigen textilen Standorten wie Bangladesch, deutsche Staatshilfen für Giganten wie Adidas und ein nicht enden wollendes Ausmisten der Kleiderschränke, das zu einem völligen Kollaps auf dem deutschen Secondhand Markt geführt hat. Keine einfachen Zeiten! Wie kann man diesen Entwicklungen begegnen?

Geduld und Innovation für eine Mode der Zukunft

Aus meiner Sicht vor allem mit zwei Dingen: einem langen Atem und Erfindungsreichttum. Geduld und Innovation. Unabhängig von Pandemie und vermeintlich erodierenden lokalen Märkten zeichnet beides Sebastian Thies schon seit Jahren aus. Nicht umsonst musste ich unbedingt seinen Stand auf der NEONYT im letzten Jahr besuchen, als ich mit NZZ Format über Slow Fashion gesprochen habe. Denn Sebastian weiß nicht nur viel über Materialien, sondern er experimentiert mit diesen in einem durchaus schweren Segment, der Schuh- und Sneakerproduktion.

Bei diesem Messebesuch kamen wir natürlich auch nach den Dreharbeiten ins Gespräch. Wir sprachen sehr ausführlich über die komplizierte Modebranchen, über Aufträge von konventionellen Herstellern, die nach der nächsten innovativen Idee suchen und über die Handwerkstradition, die Sebastian auch mit nat-2‎‎‎™ fortführt. Doch wie sieht das konkret aus?

Anhand des nat-2™ Hayfield Almwiese Line Sneaker kann man den von Sebastian verfolgten Ansatz gut veranschaulichen:

Gras als Obermaterial für Sneaker

Das Obermaterial der Sneaker besteht aus echtem, nachhaltig recyceltem Heu, Gras und Blumen. Je nach Stil bedecken diese bis zu 50 Prozent der Schuhoberfläche. Das Heu wird gepresst und auf eine natürliche Flachsschicht aufgetragen. Das ergibt eine einzigartige Haptik und Optik. Zudem kann man den natürlichen Heuduft riechen, was dank der ökologischen Bindemittel auch für Allergiker kein Provlem ist.

Das patentierte Material wurde in Deutschland und Österreich entwickelt. Die Senaker selbst werden in Italien handgefertigt und unter fairen Bedingungen in einem modernen, familiengeführten Unternehmen produziert. Wie auch bei den anderen Sneaker gibt es eine weiche gepolsterte, antibakterielle Einlegesohle aus echtem Kork.

Der Sneaker ist peta-approved, sprich: der gesamt Schuh frei von tierischen Bestandteilen. Die Laufsohlen sind aus echtem Gummi und die Zunge weist die für nat-2™ charakteristischen reflektierenden Glasdetails auf. Die Teile, die wie Wildleder oder Nappaleder aussehen, werden aus recycelten PET-Flaschen hergestellt.

Der Sneaker zeigt, was machbar ist

Klingt abgefahren – und ist es auch. Diese Sneaker sind Luxusprodukte und nicht für den Massenmarkt gedacht. Das verhindert schon der Preis dieser Sneaker in Höhe von 340,00 EUR. In ihnen stecken aber eben nicht nur fair bezahlte Arbeitsstunden, sondern eben auch Innovation in der Materialgewinnung und der -verarbeitung. Sie dienen als trotzdem zu erwerbende Anschauungsobjekte, was alles machbar ist – nicht nur mit Heu, sondern eben auch mit Essensresten, Milch, Rosen und Kaffeesatz.


Für weitere Insights über nat-2™ empfehle ich euch das ausführliche Interview, das Noa Ben Moshe mit Sebastian geführt hat: From The Ground Up: nat-2™ Creates Sustainable, Futuristic Footwear From Coffee Grounds, Roses & Stones.

Text und Fotos: Alf-Tobias Zahn

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