Label to watch: Green Berlin

Ist das Leben planbar? Die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir nichts für gegeben ansehen dürfen. Von einem auf den anderen Tag dreht sich das eigene Leben um 180 Grad. Neue Vorzeichen, neue Vorgaben, neue Herausforderungen. Daran zu wachsen und nicht klein beizugeben ist die wahre Probe, auf die wir alle aktuell gestellt werden. Zusammen bekommen wir das hin, das ist sicher!


Februar 2020

Ausgelassene Freude, laute Gespräche, pumpende Beats – der Kollektionslaunch BACK2GREEN des Labels Green Berlin ist eine wahre Freude. Im Anomalie wurden keine Kosten und Mühen geschaut, diesen Tag einen besonderen werden zu lassen. Umringt von Freunden wie Fynn Kliemann oder Sophia Thomalla feierte Marten Laciny aka Marteria mit seinem Team, bestehend aus Creativ Director Pete Boateng, Label Managerin Sophia Poser und Brand Manager Chris Otto die insgesamt 17-teilige Kollektion.

© Chris Schwarz

Gemeinsam mit Celina war ich vor Ort, habe mir die Kollektion genau angesehen und mich ausgiebig mit Chris Otto über die Kollektion unterhalten. Im Anschluss durften wir dann noch Marteria auf der Bühne erleben, begleitet von anderen Acts wie der wunderbaren Nura oder auch SSIO. Ich konnte damals noch nicht ahnen, dass es für mich das letzte Konzert 2020 sein würde.


März 2020

Ich sitze mit Chris im Schlesisch Blau, einem kleinen feinen Restaurant auf der Köpenicker Straße. Nicht unweit arbeitete ich in meinen ersten Jahren in Berlin, war öfters zum Mittagessen dort. Wir unterhalten uns über die Entstehungsgeschichte der Kollektion, über Unwägbarkeiten der Modeindustrie gerade für noch junge Labels und den Sprung ins kalte Wasser. „Einfach mal machen“, das könnte man als Überschrift über diesen Artikel schreiben, denn es trifft zu. Chris hat diese Kollektion zusammen mit Marten, Pete und Sophia nicht von langer Hand geplant. Es gab vielmehr Interesse an bestimmten Stoffen, den Mangel an bestimmten Features an den bestehenden Produkten – wie etwa Windbreaker oder Fleece – anderer Hersteller und den großen Wunsch, ein gravierendes Problem anzugehen: der Plastikmüll in den Weltmeeren. Dabei ist dem Label durchaus bewusst, dass nicht nur in der Slow Fashion Szene die Verwendung von recyceltem Plastik kritisch gesehen wird. Dabei geht es vor allem um Mikroplastik, dass durch jeden Waschgang freigesetzt wird, aber auch die Beimischung von neu produziertem Plastik in der Produktion von Kleidung, um zwar recyceltes Plastik zu verwenden, das Produkt aber noch langlebiger zu machen.

Bei den Back2Green-Teilen, die aus recyceltem Meeres-Plastik sind, ist Mikroplastik-Ablösung beim Waschen natürlich ein Thema. Hier weisen wir darauf hin, zum Beispiel einen Guppy Bag zu nutzen. Generell sind wir der Meinung: Wenn man sich in Richtung Kreislaufwirtschaft begeben möchte, bleibt es nicht aus, auch mit recyceltem Plastik zu arbeiten. Das existiert ja schlicht und einfach schon auf Deponien und in den Meeren – und wird da von alleine auch nicht weggehen.

Chris Otto im Gespräch mit Viertel/Vor

Was Green Berlin gelingt, und vor allem auch Chris im persönlichen Gespräch, ist, absolut glaubwürdig zu vermitteln, warum sie welche Schritte machen. Ja, sind noch am Anfang und probieren Dinge aus. Ja, sie sind noch nicht zu 100 Prozent nachhaltig. „Die Green Berlin Crew lebt nicht verpackungsfrei von Hafermilch aus eigenem Anbau – und hat trotzdem Interesse an Veränderung“, schreibt das Label auf ihrer Seite. Aber bevor nichts passiert, gehen sie eben die ersten Schritte und versuchen sich kontinuierlich zu verbessern. Dabei machen sie in der Musikbranche damit einen ersten signifikaten Schritt. Denn alleine schon durch die Kollektion und die Aufmerksamkeit drumherum stellen sich naheliegende Fragen: Wann folgt faires Künstler- und Label-Merch? Ein aus meiner Sicht großer Hebel, um in der Musikindustrie auch in diesem Bereich Nachhaltigkeit voranzutreiben.

Gleichzeitig spielen aber nicht nur die fairen, sozialen und klimabezogenen Aspekte eine Rolle, sondern eben auch der Style. Da hat Pete Boateng und das Team ganze Arbeit geleistet, denn die Kollektion ist wirklich ungesehen. Kein Label bietet zum Start des Business in dieser Variation Kleidung zu verschiedenen Gelegenheiten an. Mit BACK2GREEN spricht Slow Fashion nicht nur einen ganz anderen Stil an, sondern auch eine komplett neue Käufer:innen-Schicht, die eher über Marteria und seine Musik auf Klamotten aufmerksam werden als über „hey, ich hab jetzt Bock auf Slow Fashion“. Genau diese neue Einflugsschneise macht aus meiner Sicht Green Berlin auch für die nahe Zukunft extrem spannend.


November 2020

Nach einem Sommer der Entspannung hängen wir im Lockdown Light. Clubs: Geschlossen. Restaurants: Nur für Take-away geöffnet. Konzerte: Verschoben. Da tut der Blick auf die Konzertfotos aus dem Februar richtig gut. Das Green Berlin Konzert war mein letztes Konzert vor der Pandemie. Vermutlich wird es auch das letzte in diesem Jahr gewesen sein. Abgefahren, und umso schöner, dabei gewesen zu sein. Bei Green Berlin verlief das Jahr natürlich auch anders als geplant. Die Weste aus der Kollektion war zum Beispiel sehr schnell ausverkauft, die Nachorder zog sich auf Grund der Pandemie – nächste Woche wird sie online im Shop wieder verfügbar sein. Trotz Pandemie lief es also gut mit BACK2GREEN.

Wie auch immer 2021 wird: Von Green Berlin wird es eine weitere Kollektion geben. Auf diese, den Release und das nächste Mittagessen mit Chris freue ich mich bereits!

Fotos: Chris Schwarz

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