Keine langweilige Rosa-Wolke-Marke für Kids – Manitober aus Hamburg

Vor wenigen Tagen schrieb mir mein Freund Jan, ich solle mir doch mal ein Label namens Manitober näher ansehen. Für die hätte er was gestaltet. Beim Klang von Manitober in meinen Ohren klingelte es bereits, denn das Label kannte ich bereits von Instagram. So entstand der erste Kontakt zu Marcus, dem Gründer von Manitober. Ein erstes Treffen in Berlin zerschlug sich, aber wir haben dennoch zueinander gefunden. Aus einem digitalen Schlagabtausch entstand ein ganz wunderbares Interview über zeitgemäße Kindermode, das Rückgabeprinzip, die großen Modekonzerne und … Zombies.


Manitober Clothing | Kindermode | Hamburg | Interview mit Marcus Kraft | Foto: Manitober | GROSS∆RTIG

Lieber Marcus, stell‘ Dich doch bitte einmal meinen Leserinnen und Lesern vor.

Hi, ich bin Marcus, wohne in Hamburg und mache (dies/das) verschiedene Dinge, zurzeit vor allem Kinderbekleidung.

Welche Beweggründe gab es, mit Manitober ein Kindermodelabel zu gründen?

Mittlerweile habe ich selber zwei Kinder. Als Bekleidungstechniker begutachtet man Klamotten mit anderen Augen, natürlich auch die der Kids. Berufskrankheit quasi. Und leider sehe ich auch immer viele Sachen die mich stören und die ich schlecht gelöst finde. Hinzu kommt dieses Genderthema, dass mir wirklich extrem auf die Nerven geht. Ich hatte dann die Idee mit dem Rücknahmekonzept und dachte mir das ist eigentlich wonach ich gesucht habe. Let’s go!  

Was hat dich am meisten gestört?

Auf jeden Fall Farben und Motive. Es gibt ja noch andere Farben als blau und pink. Ich finde auch die Motive sind so oft zu romantisch verklärt, sehr genderkonform und diese Früchte-/Tier-Alloverprints kann ich auch nicht mehr sehen! Außerdem sind viele Sachen qualitativ nicht besondern gut, meistens in Asien produziert und dafür immer noch genauso teuer wie unsere Styles. Es fallen einem aber auch andere Sachen auf, die einfach unpraktisch sind und irgendwie nicht kindgerecht. Ich will gar nicht sagen, daß wir das Rad neu erfinden, aber wenn man genau hinschaut gibt es viele kleine Dinge, an die man noch mal ein paar Gedanken verwenden kann.

Du hast das Rücknahmekonzept schon genannt. Wie funktioniert es bei Euch?

Die Artikel können bei uns ganz normal gekauft werden. Allerdings hast du als Käufer die Möglichkeit, alle Teile wieder zurück zu geben. Wir bewerten dann ihren Zustand und geben dir einen angemessenen Betrag als Gutschrift zurück. Wenn nichts dran ist an den Teilen kann das dann bis zu 50 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises ausmachen. An den Klamotten unserer Kids ist selten irgendwas total hinüber. Die zurückgegebenen Klamotten werden dann von uns ausgebessert, repariert und gereinigt und als „generalüberholt“ wieder angeboten. Simple as that!

Was war Euer erstes fertiges Produkt für Manitober?

Ich glaube die Wollwalkjacke, die war relativ schnell eingetütet…

Manitober Clothing | Kindermode | Hamburg | Interview mit Marcus Kraft | Foto: Manitober | GROSS∆RTIG

Wie und wo werden Eure Produkte produziert?

Wir haben verschiedene Produzenten. Die Wollwalksachen werden tatsächlich in Deutschland hergestellt, bei einem kleinen Familienbetrieb im Hunsrück. Die Sweatshirts und demnächst auch andere Artikel kommen aus Portugal. Mit den Portugiesen habe ich früher schon viel zusammen gearbeitet, die sind super. Wir haben uns ja in einer Verpflichtung zur Transparenz verschrieben, deshalb haben wir da keine Geheimnisse und man kann sich auf unserer Homepage alles genau angucken. Die Arbeitsbedingungen für die Näherinnen und Näher sind in Deutschland und Portugal sehr gut. Es gibt Gewerkschaften, Interessensverbände und funktionierende Systeme, die diesen Menschen eine gute Arbeitsumgebung garantieren. In unseren Größenordnungen ist das auch noch überschaubar.

Was macht Euch besser als H&M und Zara, die ja auch Kids Clothes anbieten?

Ich hole etwas aus: Zara, H&M und andere „Fußgängerzonenläden“ gehören zum Fast Fashion Business. „Schnell“ bezieht sich hier sowohl auf Lebenszeit der Klamotten als auch auf den Turnus, in dem neue Kollektionen entstehen und verfügbar sind. Es ist offensichtlich, dass diese Klamotten billig sein müssen. Deshalb ist die Produktion schlecht bezahlt, die Materialien minderwertig und das Design nicht gut durchdacht. Sie sind quasi dafür gemacht, nur für eine begrenzte Zeit modisch zu sein. Wegwerf-Mode könnte man es auch nennen. Bei Kinderbekleidung ist das gar nicht schlimm, denn die passt nach einer gewissen Zeit sowieso nicht mehr. H&M und Zara sind in diesem Geschäft nicht mal die schlimmsten Akteure, die stehen nur sehr im Vordergrund.

Manitober Clothing | Kindermode | Hamburg | Interview mit Marcus Kraft | Foto: Manitober | GROSS∆RTIG

Wie sieht Euer Gegenentwurf aus?

Wir machen Bekleidung, die durchdacht, fair produziert und haltbar ist. Dafür ist sie natürlich auch deutlich teurer. Allerdings tragen wir mit unserem Rücknahmekonzept dazu bei, dass weniger produziert werden muss, dass Ressourcen geschont werden und alle Beteiligten vom Schaf zum Käufer angemessen behandelt und bezahlt werden. Und wenn man die Anschaffungskosten mit der Haltbarkeit und unserer Gutschrift gegenrechnet, kommt man wahrscheinlich günstiger weg. Alles eine Frage der Einstellung.

Mit Tchibo steigt ein großer Einzelhändler in den Markt ein, Kindermode ab sofort nur noch zu mieten bzw. zu leihen. Wie bewertest du diese Entwicklung?

Interessante Entwicklung tatsächlich. Zeigt auf jeden Fall, dass diese Sharing Economy mittlerweile auch bei in den großen Firmenzentralen angekommen ist. Mal sehen wohin das führt. Ist auf jeden Fall schonmal ein gutes Signal.

Manitober Clothing | Kindermode | Hamburg | Interview mit Marcus Kraft | Foto: Manitober | GROSS∆RTIG

Wo steht Manitober im Jahr 2020? Was habt ihr in den nächsten Jahren alles vor?

2020 ist ja verrückterweise gar nicht so lange hin. Schön wäre wenn wir bis dahin alles Geld zurück gezahlt hätten und bei Plus/Minus Null stehen würden. Ich fände es schön, wenn wir uns bis dahin als Kindermarke etabliert hätten für Eltern, die auf diese ganzen anderen Geschlechterrollenkonformen, langweiligen, Rosa-Wolke-, Helikopter-Marken keine Lust haben. Wir werden wahrscheinlich bald einen kleinen Laden aufmachen und haben dann eine Anlaufstelle für alle Kunden. Wir werden in Zukunft wohl auch halbjährige Kollektionen entwickeln und auch mit Einzelhändlern zusammenarbeiten. Das ist der Plan.

Welche Grüne Marke findest Du selbst besonders gut?

Patagonia war für mich immer ein ziemlicher Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Die haben ja witzigerweise jetzt auch ein ähnliches Konzept wie wir. Schwör, habe mir das da nicht abgeguckt! Finde ich aber gut, dass DIE die gleiche Idee hatten. Scheint wir sind nicht auf einem ganz falschen Weg… Ansonsten gibt es viele Marken, die nicht nur gute, schöne Sachen machen, sondern es auch geschafft haben im main-stream anzukommen. Klamotten ordentlich herzustellen ist nicht schwer, es als ein ernsthaftes Business zu betreiben schon. Veja, Armed Angels, PYUA etc. das sind Sachen, die mich auch interessieren.

Manitober Clothing | Kindermode | Hamburg | Interview mit Marcus Kraft | Foto: Manitober | GROSS∆RTIG

Was müsste sich aus Deiner Sicht in der Branche ändern, damit der Absatz von Öko-Mode zunimmt?

Ich glaube die Bekleidungsbranche richtet sich vor allem nach den Wünschen der Kunden. Von daher ist es – glaube ich – kein Branchen-Problem, sondern ein Menschen-Problem. Konsum muss wieder etwas Besonderes sein und nicht tägliche Unterhaltung. Deshalb wollen wir vor allem das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum schärfen. Ich bin gespannt, wo das noch hingeht und warte nebenbei auf die Zombie-Apokalypse ;)

A propos Zombies: Wie findest du die aktuelle Staffel von The Walking Dead?

Haha! ich weiß gar nicht, welche die aktuelle Staffel ist. Ich habs bis zu Negan geschafft, aber der hat mich dann doch zu sehr genervt, dass ich ausgestiegen bin. Wenn man sich das anguckt, ist die Welt in der wir leben vielleicht doch ein ganz guter Kompromiss. So ein „Neustart“ birgt natürlich auch so seine Gefahren, den Kopf zu verlieren ;)

Last but not least: Welchen Ort in Hamburg hast Du am liebsten?

Es gibt eine Ecke, wo die Bernard-Noch-Straße auf die Davidstraße trifft. Manchmal laufe ich da lang in Richtung Park Fiction und genau an diesem Punkt geben die Häuser den ersten richtigen Blick auf den Hafen frei. Gleichzeitig ist es eine Ecke, an der es immer zieht. Du läufst also da lang und auf einmal wirst du fast umgepustet, aber gleichzeitig ergibt sich dieser ewig weite Blick über den Hafen, wie du ihn sonst ja selten hast in einer Großstadt. Ich bleibe dann immer kurz stehen und denke: „Krass, dass es mich jedes mal wieder so beeindruckt!“ Man kann auch mal gut genervt sein von Hamburg, seinem Wetter und den grummeligen Leuten. An dieser unspektakulären Ecke finden wir wieder zusammen.

Danke, Marcus, für das Interview!


Mehr von Manitober könnt ihr auf Instagram entdecken sowie auf der Website des Labels samt Online-Shop.

Interview: Alf-Tobias Zahn
Fotos: Manitober

Schreibe einen Kommentar